Mittwoch, Oktober 19, 2005

Kiel vs. St. Pauli 4:1

Die Temperaturen treiben dem Nullpunkt zu. Gestern saß ich ein letztes Mal am Fuß der Steilküste, drehte mir eine Gauloises und starrte aufs Wasser. Das ist etwas, was ich ganz gut kann: Aufs Wasser Starren. Das Meer war unruhig, es wusste, jetzt kommt der Winter, jetzt kommen sieben Monate Bewegung bei eisiger Kälte. Es waren immer noch viele Segler draußen. Lustig bunte Dreiecke. Eines der größeren Schiffe wendete und nahm Kurs auf Land. Es kam auf mich zu. Ich kam mir vor wie in diesem alten Videospiel, in dem man als U-Boot große Kriegsschiffe versenken sollte, und ich war entdeckt.

Als das Schiff näher kam, konnte ich erkennen, dass es ein Piratenschiff war, die Piratenflagge flatterte bedrohlich am Hauptmast. Ehe ich weglaufen konnte, stach der hölzerne Bug auch schon in den Sand. Ich sprang auf und versuchte noch, die Steilküste heraufzuklettern, doch der lehmige Sand kam mir in großen Brocken entgegen. Hinter mir tönte eine höhnische Stimme: "Haben wir dich überrascht, Wulfnoth!" Die Stimme fror mir die Kehle zu, so dass meine Erwiderung unterhalb des Halses steckenblieb. Ich wusste zwar in der Panik nicht, wie ich hieß, aber Wulfnoth war mit Sicherheit nicht mein Name. Ich wurde an den Waden gepackt und durch den Sand geschleift. Sie banden mir Hände und Füße zusammen und stopften mir einen Knebel in den Mund. Dann wurde ich auf ihr Schiff geschleppt.

Es roch nach Teer und verdorbenen Früchten. Ich riss die Augen auf, als die Bande Seeräuber eine Gasse bildete, und der Kapitän auf mich zukam. Es war eine Frau, groß und dunkel, mit brennenden, schwarzen Augen. Sie stand seebärig, breitbeinig vor mir. Sie hielt mir ihren Säbel, den zwei kleine Kerben zierten, an den Hals, und sah mich mit vorgerecktem Kinn finster an. Dann stellte sie sich hinter mich, so dass ihre offenen Haare mich streifen konnten. Es duftete nicht böse. Sie flüsterte: "Du bist nicht Wulfnoth, aber du weißt, wo er ist." Ich schüttelte hektisch den Kopf, und machte ein flehendes Geräusch. Sie knurrte, aber irgendwie war ihr klar, dass dies nicht ihr größter Fang werden würde. "Schmeißt ihn über Bord. Dieser Jammerlappen hat keine Ahnung", so ihre barsche Anweisung. Ich bemühte mich, nicht zu erbrechen, ich wusste nicht, wie sich das in meinem geknebelten Zustand auswirken würde.

Drei Kerle packen mich und warfen mich ohne zu Zögern über die Brüstung. In meinem Gehirn explodierte eine Handgranate. Fast zeitgleich überkam mich im Flug aber Hoffnung, da das Schiff noch nicht abgelegt hatte. Ich landete in der Brandung, schlug sanft auf dem Grund im seichten Wasser auf und wurde Hals über Kopf an den Strand gespült, wo ich nach kurzer Besinnungspause auf sichere Höhe robben konnte. Ich blieb mit schwerem Herzklopfen vorerst bewegungslos liegen. Nach einer Weile löste sich das Schiff im aufkommenden Nebel auf, und mit der Zeit verschwanden Fesseln und Knebel.

Ich musste sie wiedersehen.

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Nächstes Jahr 2te Liga, Sturmhard. Und wie man mit Knebel so kotzt, würde Bon Scott Ihnen erzählen - so er denn noch lebte.

Anonym hat gesagt…

genial, das gefällt mir. Würd gern öfter sowas von ihnen lesen :)

der.Grob hat gesagt…

so etwas kann auch schnell ins auge gehen. mit priraten ist zumeist nicht zu spaßen. ansonsten möchte ich mich herrn sirdregan anschließen: mehr davon.

F hat gesagt…

JA WIE DENN? MEINT IHR, ICH KÖNNTE PIRATENSCHIFFE HERBEIZAUBERN? UND MEINT IHR, DAS IST LUSTIG, GEFESSELT UND GEKNEBELT ZU WERDEN? SIND WIR HIER BEI SINDBAD, ODER WAS?

MC, Bon Scott trug die Nase nicht hoch genug.

Anonym hat gesagt…

@dergrob: meinten sie nicht Primaten? ;)

@kleinesF: Ho ho Landratte, beruhige dich und nimm erstmal nen kräftigen Schluck Rum *yarr*

Anonym hat gesagt…

das system war mir immer schon wurscht

Anonym hat gesagt…

"13 männer auf des toten seemannskiste und ne buddel voll rum"

Bloggsberg hat gesagt…

Astra schmeckt nicht...

1 hat gesagt…

und sahen sie sie wieder?

Da kommt ja fast Jack London-Stimmung auf ;)